2006 – 2009 Kunststudium, Freie Kunstakademie Nürtingen
2014 – 2022 Studium an der Staatl. Akademie der Bildenden Künste Stuttgart
2024 Meisterschülerin Programm von Weißenhof Stuttgart
Biennials
2018
Where Plato Taught
Academiae Franzensfeste, Italy
2016
Manifesta 11
Manifesta – European Biennial of Contemporary Art Amsterdam Netherlands
Group Exhibition
2024
Kunst am Wegesrand- March in Horb am Neckar
Performance „Die dunkle Seite des Mondes“
2024 47 Kunstpreis der Kulturstiftung der Sparkasse Karlsruhe Thema: Vorhänge. Öffnen und verschließen zeigen und verbergen Hase unter Trümmern
2023
Kunst am Wegesrand- Marche Rive Gauche
Cité Internationale des Arts Paris France
2021 Kunstmuseum Stuttgart Protestbereitschaft Zeitgenönisscher Aktivismus zwischen Haltung und Stil
2020 Jaz Hotel art inclusive
2019 Das Performance Project der Stadt Stuttgart Die Vergessenen – Hommage an einstige starke Stuttgarter Frauen
2018 Academia Biennale Franzenfeste Bozen where are plato taught
2017 Projekt Horst und Maria
Kunst am Wegesrand
Städtische Galerie Ostfildern Germany
Kunst am Wegesrand
Kunstverein Nürtingen Germany
2016
Manifesta Goes Palermo
Galerie Palermo Stuttgart Germany
Manifestina
ArtBox Thalwil Switzerland
Cabaret der Künstler – Zunfthaus Voltaire
Cabaret Voltaire Zurich Switzerland
In den sonnendurchfluteten Gefilden Süditaliens, geboren im Jahr 1964, wurde sie in einer Zeit groß, in der gesellschaftliche Konventionen und traditionelle Werte das tägliche Leben prägten.
Die Kultur der 80er Jahre in Süditalien spiegelten eine Welt wieder, in der die Sexualität als Tabu galt und die Vorstellung von keinerlei sexueller Beziehung vor der Ehe vorherrschte.
Der Vater, eine autoritäre Figur, prägte das Familiengefüge, während die Mutter in einer untergeordneten Rolle verharrte. Angela selbst, als weibliche Person, fand sich in einem Geflecht aus Einschränkungen und fehlender Freiheit wieder.
Finanzielle Begrenzungen fügten weitere Fesseln hinzu und so blieb wenig Raum für persönliche Entfaltung. Dennoch, eingehüllt in der Mentalität, den sozialen Normen und religiösen Überzeugungen jener Zeit, begann sie in diesem stetig wachsenden Konflikt zu wachsen. Die sexuelle Revolution, die sich in ihrem Freundeskreis entfaltete stand in scharfem Kontrast zu den festgefahrenen Werten ihrer Herkunft.
In diesem Spannungsfeld entdeckte sie Trost und Inspiration in der Weltliteratur von Baudelaire, Kafka, Fromm, Hesse, Bukowski und natürlich Macchiavelli. Diese Autoren wurden indirekt zu Wegweisern ihrer Reise der Selbstfindung. Sie prägten und formten ihr Weltbild. Die Kunst wurde für sie ein Ventil, eine Ausdrucksform für all die Gedanken, Frustrationen und Träume, die in ihr brodelten.
In der Malerei fand sie ihre Stärke und die Werke der alten Meister wie Caravaggio, Botticelli, Paul Gauguin, Otto Dix sowie Giorgio De Chirico und Amedeo Modigliani wurden zu ihren Gefährten. Die Darstellung nackter Körper, die Kunstform, die uns durch die Geschichte begleitet, wurde für sie zum Ausdrucksmittel. Hier fand sie die Möglichekeit die Schönheit und die Farbe der Haut zu erkunden – eine Streicheleinheit, die ihr in der Realität versagt blieb.
Ihre Kunst trägt somit die Spuren ihrer inneren Kämpfe, ihre Sehnsucht und ihre Suche nach menschlicher Berührung. Die Farben der Haut in ihren Gemälden sind nicht nur Pigmente auf einer Leinwand, sondern eine tief emotionale Reflektion ihrer unerfüllten Wünsche und Sehnsüchte. So wird jeder Pinselstrich zu einer poetischen Verkörperung ihrer gelebten Geschichte.
Autor- Biografie
Wege zur Kunst erfasst von
Angela Vanini
Eine Kleine Geschichte in 4 Kapitel 11 Seiten
Kapitel 1
Im Jahre 1964 wurde ich in Sontheim an der Brenz als fünfte von sieben Kindern geboren. Mein Vater Automechaniker, meine Mutter Hausfrau. Sie kamen 1962 als Gastarbeiter nach Deutschland. Als meine Mutter mit mir schwanger wurde, fassten meine Eltern den Entschluss mich heimlich abtreiben zu lassen, da sie schon zu viele Kinder hatten und beide in Fabrik arbeiteten. . Als meine Mutter sich auf den Weg zur Abtreibung machte, starb plötzlich aus unerklärlichen Gründen meine damals 9 Monate alte kleine Schwester. Daraufhin entschieden sich meine Eltern gegen di Abtreibung und ich kam doch noch zur Welt. Mein Leben verdanke ich nun meine kleinen tote Schwester. Ich bekam auch ihr Name.
1967, im Alter von 3 Jahren, kam ich aufgrund der Schichtarbeit meiner Eltern in eine Pflegefamilie. Es war eine schwere Entscheidung für meine Eltern, aber sie hofften, dass ich in einer stabileren Umgebung besser aufgehoben wäre. Die Pflegefamilie war liebevoll, doch ich vermisste oft meine Geschwister.
1969 wurde ich von der Pflegefamilie direkt in ein katholisches Weisenhaus in Neapel geschickt, das von Nonnen geführt wurde. Das Leben im Waisenhaus war streng und diszipliniert , aber die Nonnen sorgten gut für uns Kinder. Die Tage waren geprägt von Gebeten, Unterricht und Arbeit. Obwohl es nicht leicht war , fand ich Trost im Zusammenhalt mit den anderen Kindern und in den Kleinen Momenten des Glücks, die wir miteinander teilten. Diese Zeit prägten mich tief und lehrte mich früh, Verantwortung zu übernehmen und für andere da zu sein.
Eines Tages, im Alter von sechs Jahren, zeichnete ich ein Bild, das Die Nonne so faszinierte, dass sie es begeistert im ganzen Institut herumzeigte. Ich schämte mich ein bisschen wegen der plötzlichen Aufmerksamkeit, aber gleichzeitig fand ich bekräftigend.
Die Annerkennung für mein Bild gab mir das Gefühl was ganz Besonders zu sein, und ermütigte mich weiterzumachen. Die Nonnen begannen, mein Künstlerisches Talent zu fördern, was mir in der oft harten und eintönigen Umgebung des Weisenhauses eine besonderes Freude bereitete
1974, nach vielen Jahren der immigration, zogen meine Eltern zurück nach Neapel und holten mich endlich wieder nach Hause. Es war ein starkes emotionales Wiedersehen, und ich war überglücklich, wieder bei meiner Familie zu sein. Ich besuchte dann die Scuola Media von Frattaminore eine Periferie Dorf von Neapel. Ab da erlebte ich eine aufregende Zeit.
Die Jahre der sexuelle Revolution und die Musik der 60iger prägten meine Jugend. Ich tauchte in die Literatur dieser Ära ein, die voll von neuen Ideen und rebellischen Gedanken war.
Diese Zeit öffnete meine Horizont und ermöglichte mir, meine Identität und meine Träume zu erkunden. Die Rückkehr nach Neapel bedeutete nicht nur ein Wiedersehen mit meine Familie, sondern auch den Beginn eine neuen, Lebendigen Phase meines Lebens, die von Kulturellem Wandel und persöhnlicher Entwicklung geprägt war.
1975 wurde der berühmte Regiseur Pier Paolo Pasolini ermordet. Im Fernseher sah ich zum ersten Mal in mein meinem Leben sehr schreckliche Bilder, die mich tief erschütterten. Diese traumatische Erfahrung verarbeitete Ich als 11-Jährige in eine Art gewirbelter Zeichnung, in der Teile des menschliches Körpers in einem Wirbel getrennt waren. Die Zeichnung spiegelte die Unordnung und das Chaos wider, das ich empfand. Überraschenderweise gewann ich mit dieser Zeichnung den ersten Platz im Zeichenwettbewerb unsere Schule. Diese Annerkennung bestärkt mich erneut in meinem künstlerischen Ausdruck und zeigte mir, dass Kunst eine mächtige Sprache ist, um Emotionen und Erlebnisse zu verarbeiten und zu kommunizieren.
Schon in jungen Jahren wusste ich, dass ich eines Tages künstlerin werden wollte. Meine Eltern waren von dieser Idee allerdings nicht begeistert. sie hielten meinen Traum für unrealistisch und erklärten mich deshalb für verrückt. Von da an nannten sie mich abfällig „la Pazza“, die Verrückte.
Diese Bezeichnung tat natürlich weh, aber sie entmündigte mich nicht. Im Gegenteil, sie bestärkte meinen Willen, meinen eigenen Weg zu gehen und meien künstlerischen Ambitionen treu zu bleiben. Ich wusste, das meine Kunst eine wichtige Ausdrucksform für mich war, und ließ mich nicht davon abbringen, meinen Traum zu verfolgen.
Nach der „Scuola Media“ der sogennanten Pflichtschule, wollte ich 1979 das künstlerische Gymnasium „Liceo artistico“ besuchen. Doch mein Vater gab mir nie die Erlaubnis dazu.
Mein Vater autoritär, dominant und altmodisch hatte eine ganz andere Vorstellung von meine Zukunft. Immer wieder betonte er, dass Frauen keine Schule bräuchten, da ihre Bestimmung darin liege, zu heiraten, Kinder zu gebären, am Herd zu stehen und den Haushalt zu führen.
Für ihn war es reine Zeitverschwendung, dass ich weiter zur Schule ging.
Ich wehrte mich vehement gegen diese Vorstellung und brach innerlich mit diesen autoritären Institutionen ab. Immer wieder lief ich von zu Hause weg und fand Zuflucht bei einer Gruppe von Anarchisten aus dem Dorf, die zu meinen besten Freunden wurden. Wir waren eine Gemeinschaft, die von den konservativen Dorfbewohnern nicht sonderlich damals akzeptiert wurden. Doch in dieser Gruppe fand ich die Freiheit und den Ruckhalt, den ich zu Hause vermisste. Wir teilten gemeinsame Ideale und träumten von einer gerechteren Welt, in der jeder seinen eigenen Weg gehen konnte.
Eines Tages fertigten wir ein schwarzes Plakat an. Darauf in weiss geschrieben: „urla all´infinito la tua Opposizione“. Eine Anspielung dass in eine gerechte Demokratie eine Opposition nicht fehlen darf. Ohne Opposition gäbe es keine Demokratie. Heimlich, mitten in der Nacht, als das ganze Dorf schlief, hängten wir das Plakat mitten auf der Piazza , da wo auch der Bürgermeister wohnte, sowie Die Kirche Gemeinde und die konservative Clubs der Komunisten ihrem Sitz hatten. Am folgenden Tag sorgte unsere Aktion für großes aufsehen im gesamten Dorf. Die Bewohnen waren in Aufruh, und das Plakat wurde zum Gespräcsthema Nummer eins. Unsere Botschaft vebreitete sich schnell und erregte viel Aufmerksamkeit. Es war eine gewagter Protest , der die konservativen Dorfbewohnern schockierte und zugleich zeigte, dass unsere Stimme nicht zum schweigen gebracht werden konnte.
Ein paar Jahre später wurde der damaligen Italienische Staatspresident Aldo Moro von der Roten Brigade entführt und schließlich ermordert. Ganze zwei Monate lang hielten uns diese Nachrichten in Atem. Die Spannung und die Unsicherheit waren überall spürbar. Die Dorfbewohner, immer misstraurisch gegenüber unsere Gruppe, begannen tatsächlich zu glauben, dass wir etwa mit der Entführung zu tun hatten. Wir wussten nicht recht, ob lachen oder weinen sollten über diese absurden Anschuldigungen. Eineseits war es lächerlich, dass sie dachten, eine kleine Gruppe von Dorfanarchisten könnte hinter solch einer hochkarätigen Entführung stecken. anderseits war es auch beänstigend, wie schnell Vorurteile und Misstrauen uns in eine gefährlcihe Lage bringen konnten. Diese Zeit lehrte uns, wie tief die Gräben zwischen uns und der Konservativen Dorfgemeinschaft wirklcih waren, und verstärkte unsere Zusammenhalt und unsere Entschlossenheit, für unsere Überzeugungen einzustehen um so mehr.
In dieser turbulenten Zeit 1978 erschien dann das Buch. „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo von Christiane F.. “. Dieses wahre Geschichte nahm mich sehr ein Das Buch machte Schlagzeilen, weil dieser Zeit stark von Drogen geprägt war. Überall konnte man Drogen bekommen, an jeder Ecke wurde sie angeboten. Viele Jugendlich gerieten in den Strudel der Abhängikeit , und auch ich war mit einigen Drogenabhängigen befreundet. Trotz diese Nähe zum Drogenmilieu fiel ich nicht in dieses Loch. Vielleicht war es meine innerer Widerstand oder der Drang, meinen eigenen Weg zu finden, der mich davor bewahrte. Die Geschichte von Christiane F. diente mir als eindringlichen Warnung und verstärkte meine Entschluss, mich nicht von Drogen vereinnahmen zu lassen. . So konnte ich weiterhin meinen künstlerischen und persöhnlichen Zielen nachgehen ohne in die Dunkelheit der Abhängigkeit abzurutschen.
Im Jahre 1980 arbeitete ich zuerst in einer kleinen Nähfabrik und dann auch als Verkäuferin einer Druckkolonie, die sich „American Spray“ nannten. In Folge dessen konnte ich mit vielen privaten Haushalten der gesamten Region „Campania“ in Kontakt treten. Ich erkannte wie stark die Existenz der neapolitanischen Bevölkerung in 2 Schichten differenziert war. Die Armen und die Reichen. Die Armen waren offenherzig und gastfreundlich die Reichen distanziert und erhaben. Nach dieser Erfahrung fragte ich mich, wer wohl von den beiden Gesellschaftsschichten die wirklichen Armen und wer die wirklichen Reichen waren.
In diesem Jahr erlebte Neapel ein sehr starkes Erdbeben. Eine der schwersten Naturkatastrophen, die jemals bis zu dieser Zeit in Süditalien stattgefunden hatte. Das ganze Land war erschüttert. Nächtelang schliefen die Einwohner von Frattaminore, mein Heimatdorf, nicht in ihren Häusern. Es war eine Riesen Katastrophe, die wir alle hautnah erlebt hatten. Die wirtschaftliche Situation fiel durch diese Katastrophe ebenfalls in ein Loch. Mein Vater verlor einige seiner Kunden und traf somit erneut den Entschluss ins Ausland auszuwandern.
Kapitel 2
Absatz 1
Wir kamen 1982 wieder nach Deutschland zurück. Ich war 18 Jahre alt und befand mich plötzlich ohne Freunde, ohne Sprache, ohne vertraute Umgebung in einem fremden Land mit einem Gepäck voller Träume. Die Chance jemals Kunst studieren zu können schien verflogen.
Ich vermisste alles was man vermissen kann: Freunde, tiefsinnige Gespräche, das allgemein südländische Leben. Ich verarbeitete solche inneren Konflikte im Schreiben von Tagebüchern und in Zeichnungen. 2 Monate lang fühlte ich mich zu Hause wie in einer Gefägniß.
Dann zog ich endgültig von Zuhause aus und wohnte erstmals in einer „Kiffer-WG.“ in der Dorfgemeinde Neresheim. Wir hörten Pink Floyd, The Doors und Alan Parson.
Dort bemalte ich die Wände des Hauses mit Drachenköpfen, tätowierte meine Freunde mit einer Nähnadel Motive wie Pegasus oder Drachen. Währenddessen zeigte der Fernseher gleichzeitig immer wieder Bilder vom Krieg in Afghanistan. Kurz darauf gewann „Nicole“ als deutsche Sängerin den ESC mit dem Lied „ein bisschen Frieden“.
Ich verstand die Welt schon damals nicht mehr. In eines meiner Tagebücher schrieb ich dann: „Wer ist der eigentliche Verrückte? Ich oder die Welt?… eindeutig die Welt!“ Auf der einen Seite führen manche Krieg und auf der anderen gewinnt ein Mädchen mit Engelshaar die „Gran prinx de la Chanson“ mit ein bisschen Frieden?
Ich verbrachte viel Zeit mit meinen Tagebüchern, so dass eines Tages mein damaliger Freund aus Eifersucht , in einem Streit, sie alle verbrannte.
Dann wurde ich 1985 schwanger und bekam eine Tochter. Ich verließ meinen Freund und mietete mir in Aalen eine kleine Wohnung. Ich nahm an einem Projekt vom Landratsamt für alleinerziehende Mütter teil. Es hieß „Mutter- Kinder- Projekt“. Das Projekt lief 3 Jahre lang.
In dieser Frauengruppe lernte ich Freundinnen kennen, wie auch ein bisschen mich selbst zu achten. Ich lernte das bei meiner schulischen Laufbahn doch nicht alles verloren sei, das aus mir noch was werden konnte.
Ich bewarb mich 1988 für eine Ausbildungsstelle als Friseurin, musste aber davor ein BPJ (Berufs praktisches Jahr) absolvieren. Weiter schrieb ich in meinem Tagebuch. „Das Einzige, das mir immer wieder im Wege steht ist die Sprache“, …“immer wieder werde ich benachteiligt aufgrund der Sprache“… „Sprache ist manchmal alles“, „ohne Sprache ist man nichts“. Allein diese Erkenntnis machte mir mein ganzes Leben lang als Ausländerin zu schaffen. Es wird immer meine Schwäche bleiben.
Absatz 2
Ich begegnete 1990 einem Mann, der aus der ehemaligen DDR als sogenannter politischer Gefangener von der BRD in Freiheit aufgekauft wurde. Wir führten 10 Jahre lang eine Beziehung. Er erkannte die Leidenschaft, die ich für das Zeichnen hatte. An meinem 25. Geburtstag schenkte er mir Ölfarben und Staffelei. Ich begann zum ersten Mal mit Ölfarben zu malen. Von Picasso und Braque beeinflusst, entstanden in dieser Experimentier- Phase einige Werke, die kubistische Elemente aufwiesen.
Ich fing an mich für Ausstellungen zu interessieren und besuchte so gut ich konnte immer wieder Museen und Kunstvereine in der Region. Der Gedanke eines Kunststudiums war aber undenkbar.
Ich bewunderte Caravaggio, Raffael und Cezánne, aber niemals hätte ich auch nur geträumt eines Tages als Künstlerin zu leben.
Ich begann 1989 eine Ausbildung als Friseurin. „Besser Friseurin sein als nichts zu sein“, sagte mir die Sachbearbeiterin im Arbeitsamt.
Ich ging brav zur Berufsschule und versuchte alles unter einen Hut zu bringen. Mein Kind zu versorgen, arbeiten zu gehen und gleichzeitig für die Klassenarbeiten zu lernen. Zu Beginn der Ausbildung war ich im Fach Deutsch die „Fünfer Kandidatin“.
Ich wechselte während meiner Ausbildung deshalb 3 Ausbildungsplätze, da immer wieder die Meisterinnen, die ich hatte mir die Prüfungen aufgrund der mangelhaften Beherrschung der deutschen Sprache nicht zugetraut haben. Sie haben mich aufgegeben, nur alleine ich mich nicht.
Ich war selbst verwundert als ich trotzt aller Hürden 1993 die Prüfung mit der Note 2,5 abgeschlossen hatte.
Nach der Lehre arbeitete ich 2 Jahre auf Teilzeit in diesem Beruf.
Absatz 3
1993 war der Balkankrieg. Das Magazin „Stern“ berichtete über Frauen, die im Krieg vergewaltigt und davon schwanger wurden. Ich nützte die Fotos als Vorlage und malte Bilder, die diese Situationen aufzeigten.
1995 bewarb ich mich in der Firma „Carl Zeiss“ als Brillenkontrolleurin am Fließband. Ich wurde eingestellt und arbeitete in Wechselschicht. Ich wurde Mitglied der IGM und nahm an dessen Veranstaltungen, sowie Besprechungen teil.
Nebenbei malte ich Bilder. Jede frei Minute, das ich hatte verbrachte ich mit Malen bis es ein richtiges Hobby für mich wurde. Ich kaufte mir Bücher, besuchte Zeichenkurse in der Volkshochschule und suchte das Gespräch mit gleichaltrigen Kunstinteressierten.
1999 wurde ich zum Mobbingopfer. Die Situation drohte mich zu ersticken. Als Lösung schrieb ich mich im September 2000 an der Abendrealschule ein und beschloss die „Mittlere Reife“ nachzuholen. 2001 wurde ich dann arbeitslos. Ich konzentrierte mich somit auf die Realschulprüfung. Diese absolvierte ich im Juli 2001 gemeinsam mit meiner damals 16 Jahre alten Tochter.
Kapitel 3
Absatz 1
Zu dieser Zeit gab ich eine Anzeige in der regionalen Zeitung auf. Ich sprach Künstler aus eigener Initiative an, an einer 4-tägigen Kunstausstellung im alten Fabrikgebäude des Ostertags unter dem Motto „Aktion Daniel“ mit zu wirken. Es meldeten sich 5 Künstler. Wir arbeitete an diesem Projekt 3 Monate lang.
Im September 2001 eröffneten wir die aller erste Ausstellung, die ich je hatte.
Zahlreiche Besucher kamen, um die Kunst zu betrachten und zum ersten Mal entfachte sich in mir die Hoffnung, das ich womöglich doch noch die Möglichkeit hätte Kunst studieren zu können.
Ebenfalls im September 2001 wurde das „World Trade Center- Drama“ live übertragen. Ich stand vor dem Fernseher und wurde plötzlich Zeuge einer Tat, die mich total ohnmächtig und verzweifelt zurück ließ. Ich malte Bilder von Betroffenen, leidenden Menschen, die ich auf Fotos und Berichten von diversen Zeitschriften sah.
Im Dezember 2001 durfte ich in meiner Stammkneipe im „Café Wunderlich“ in Aalen diese Bilder ausstellen.
Ich verkaufte alle ausgestellten Bilder sehr günstig. Für mich war das ein großer Erfolg.
Die nächste Ausstellung hatte ich 2002 im „Café Podium“ ohne besonderen Titel. Das Bild „Bermuda Dreieck“ sorgte am Ostersonntag für Empörung. Es zeigte eine Frau mit kindlichen Zügen auf einer Couch mit gespreizten Beinen sitzend. Es wurde an jenem Tag mit einer Gardine bedeckt.
Absatz 2
Im April 2002 bewarb ich mich dann zum ersten Mal an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart. Auf die Frage „warum ich Kunst studieren will“ schrieb ich: „Weil es mein Traum ist!“.
Ich bekam meine erste Absage. Ich verpasste ganz knapp die erforderliche Punktzahl um 2 Punkte. Von 100 zu erreichenden Punkten nur 98 Punkte erreicht.
Ich beschloss mir Zeit zu geben und erst mal mehr zu malen bevor ich den zweiten Versuch anging.
2003 folgten weitere Ausstellungen in der Stadt Aalen. Ich wurde Mitglied im Kunstverein und bei der Gruppe „Kreative 88“ in Bopfingen.
Mit dieser Gruppe traf ich mich regelmäßig wöchentlich zu Gesprächen, reiste für eine Ausstellung bis nach Italien und veranstaltete Kunstausstellungen mit den Partnerstädten der Stadt Bopfingen. Nach 2 Jahren beendete ich die Mitgliedschaft.
Im Oktober 2003 bewarb ich mich für ein zweiten Bildungsweg in der „Ludwig Schlaich Schule“ (Fachschule für Arbeitserzieher) an. Ich wurde mit offenen Armen aufgenommen. Nach 3 Monaten wurde mir aber klar, dass ich Kunst studieren wollte und das nur dies mein Weg im Leben sein kann. Ich brach mit einem mulmigen Gefühl die begonnene Ausbildung ab.
Ich startete 2004 meinen zweiten Bewerbungsversuch an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart. Auf die Frage „warum ich Kunst studieren will“ schrieb ich: „Weil ich das schon immer wollte.“. Wieder bekam ich einen Absage. Von 100 zu erreichenden Punkten erreichte ich diesmal nur 56. Ich nahm Kontakt zu einem Professor auf. Er gab mir ein paar Tipps und ich versuchte diese umzusetzen. Mein Leben bestand nur aus Malen. Mein Schlafzimmer wurde zu meinen Atelier. In dieser Zeit übte ich mich in der Ölportrait-Malerei. Ich suchte einen bestimmten Ausdruck, den ich nicht in Worte fassen konnte. Ich suchte nach Charakteren, die die Zeit widerspiegelten, in wenige Wörten ich suchte nach der Natur des Menschen.
Im selben Jahr bekam ich eine Zusage der IG Metall meine Menschen- Portrait- Bilder ausstellen zu dürfen.
Weiter besuchte ich Zeichenkurse der VHS und begann überall zu zeichnen wo ich nur konnte; in Wartezimmern, in Kaffees, im Zug… Es entstanden tausende von Skizzen. Irgendwann begann ich aus den eigenen Skizzen Collagen zu machen. Ich lernte damit mich selbst zu korrigieren.
2006 startete ich meinen dritte Bewerbungsversuch an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart. Auf die Frage „warum ich Kunst studieren will“ schrieb ich: „Weil ich nichts anderes will.“.
Es folgte erneut eine Absage. Zur diesem Zeitpunkt konnte man sich an der Akademie nur 3 mal bewerben. Für mich stand dann erst mal fest den Traum vom Kunststudium in Stuttgart begraben zu müssen. Ich trauerte dieser Tatsache sehr lange nach. An dem Tag als ich meine Mappe wieder abholte befanden sich Studenten der Freien Kunst Akademie Nürtingen am Haupteingang und verteilten Flyer, mit dem Slogan „Es ist nicht alles verloren!!! Hat es mit Stuttgart nicht funktioniert? Dann kommen sie zu uns… Studieren sie an der FKN..“ usw.
Mir fiel so ein Flyer in die Hände. Somit nahm ich das als die traurigste Alternative immerhin wahr.
Absatz 3
Gleich am selben Tag, mit der selben Zeichenmappe fuhr ich nach Nürtingen und bewarb mich dort um einen Studienplatz. Nach ein paar Tagen wurde ich eingeladen und nach einer 3 stündigen Aufnahmeprüfung wurde ich aufgenommen. Da es eine private Akademie ist, betrugen die monatlichen Gebühren 220 Euro. Also pro Semester 1310€.
Ich besuchte dort die Vorlesungen, Zeichenunterrichte und leistete Atelier- Arbeiten unter der Leitung von Armin Breckingen, der zu dieser Zeit Dozent an der FKN war . Dort entstand eines meiner Lieblingsbilder „ Die Neun Musen“ 220/210. Meine Stärke liegt eindeutig im großen Format.
Ich fand aber in der Akademie nicht richtig Anschluss, ich suchte Gespräche und fand keine. Einen einzigen Menschen fand ich dann aber doch noch – Anette C. Halm. Zu ihr hatte ich von Anfang an einen innigen Prof.guten Draht.
2009 beschloss ich mich bedauerlicherweise das Studium abzubrechen. Alle meine Ersparnisse waren aufgebraucht. Seit Jahren hatte ich keine Bild mehr verkauft, da ich mich nicht mehr dafür interessiert hatte Kunstausstellungen zu organisieren. Meine Zeit bestand darin die Strecke hin und her zu fahren. 150 km täglich. Und meine Familie wollte auch noch was von mir haben. Meine damals noch lebende alte Mutter beklagte sich, dass ich ihr kaum helfen würde. Mein damaliger Partner verließ mich für eine jüngere Frau, die Familienpläne im Kopf hatte.
Kapitel 4
Absatz 1
Im Jahre 2010 kam dann endlich von Anette die lang ersehnte Nachricht. Die Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart hatte ihre Sperre aufgelöst. Ich konnte mich wieder bewerben. Ich war mir sicher diesmal steht mir nichts mehr im Wege. Auf die Frage „warum ich Kunst studieren will“ antwortete ich zum vierten Mal: „Weil ich nichts anderes kann.“.
Ich bekam wieder eine Absage. Ich nahm Kontakt mit Herrn Prof. Opialka auf, der von meinen Leistungen begeistert war. Er sagte mir das ich so weiter machen sollte.
Ich bewarb mich 2011 an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in München. Auch da bekam ich eine Absage. Ich konnte und wollte mich damit nicht abfinden. Ich bezog das alles auf mich selbst und war mir überzeugt ich müsse an mir etwas ändern.
Ich fragte mich dauernd was ich falsch machen würde. Was stimme an mir nicht?
Zur gleichen Zeit zog meine Tochter von Zuhause aus. Das war schmerzhaft und ich musste mich neu finden.
2012 begann ich selbst Kurse bei der VHS zu leiten. Italienisch Kurse, wie auch Malkurse für Jugendliche. Ich arbeitete nebenbei, als alles was ich arbeiten konnte. Von Putzfrau über Kassiererin bis zur Flohmarkthändlerin. Ich bekam den Stempel einer Überlebenskünstlerin zu sein.
2013 bewarb ich mich zum fünften Mal an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart. Auf die Frage „warum ich Kunst studieren will“ schrieb ich: „Weil es mein Leben ist.“. Erneut eine Absage. Ich fing stark an an mir zu zweifeln. Ich war mir überzeugt für immer verdammt zu sein. Ich malte weiter auf großformatigen Bildern. Es entstand „Diskrepanzen zwischen den Parteien“.
2014 folgte die sechste Bewerbung an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart. Die Frage „warum ich Kunst studieren will“ schien mich zu verfolgen und zugleich wurde sie zur Qual. Ich wusste nicht mehr was ich da antworten sollte. Ich schrieb diesmal: „Ich weiß es nicht mehr.“. Schon wieder eine Absage.
Lichtblick dieses Jahres war die Geburt meiner ersten Enkeltochter.
Absatz 2
Anette C. Halm stellte mich 2015 ihrem Professor Christian Jankowski vor. Ich bewarb mich bei ihm für ein Gastsemester. Ich wurde von ihm aufgenommen. Im Rundgang 2015 durfte ich das Bild „Diskrepanzen zwischen den Parteien„ im Raum „gute Kunst möglichst gut ausgestellt“ ausstellen.
Ich lernte andere Leute kennen und wurde von Jakonwki gefördert. Ich nahm an den Projekten der Klasse teil und lernte plötzlich eine andere Sicht der Dinge kennen. Durch die Projekte „Manifesta“ und „Manifestina“ entstanden eine Reihe von Arbeiten wie beispielsweise die „400€ Job“ sowie „ Fuck the academie I am the artist“.
Ich bewarb mich 2016 zum siebten Mal an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart. Diesmal mit Empfehlung von Prof. Jankowski.
Niemals war ich mir so sicher wie dieses Mal, dass es klappen würde. Erneut fand ich in meinem Briefkasten eine Absage. Währenddessen wurden von der 13er Serie „400€ Job“ 5 Bilder für die „Manifesta“ ausgewählt. Plötzlich stand mein Name im Katalog der „Manifesta 11“. Ich unter 100 weltbekannten zeitgenössischen Künstler.
In diesem Jahr wurde meine zweite Enkeltochter geboren.
2017 bewarb ich mich zum achten und letzten Mal an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart. Da ich die Frage „warum ich Kunst studieren will“ nicht mehr beantworten konnte, habe ich diversen Professoren der Akademie dieselbe Frage gestellt „Warum haben sie Kunst studiert“ und während sie mir in nur 10 Minuten Beantworteten, zeichnete ich sie dabei. Eerneut auf die Frage warum ich Kunst studieren will, schrieb ich. Aus dem selbem Grund .Dies war meine letzte Antwort. Als ich die Mappe abgab überkam mich ein Gefühl des „Angekommen-Seins“.
ab September 2017 bis 2022 war ich an der Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart eingeschrieben und endlich fand ich mein Platz, an dem ich immer sein wollte. Obwohl ich älter war als die meisten anderen Studenten, fiel das kaum auf. Vielleicht weil die Sonne Neapels und die italiensiche Humor so tief in mir strahlen das ich praktisch dadurch in meiner Reise immer gut gelaunt bin ,Trotz alle Wiederstände. Es ist vielleicht ein bisschen der Einfluss und Disziplin der Nonnen, der ansteckende Humor meine Freunde aber auch die Figur von Pulcinella aus dem neapolitanischen Volkstheater die mich inspirieren einfach immer wieder durchzuhalten. Diese Gestalt, bekannt für seine spitze Zunge und scharfsinnigen Humor, ist ein Symbol für die Kunst, das Leben mit Leichtigkeit und Cleverness zu meistern. Er ist ein Schelm, der trotz widrige Umstände immer einen Weg findet, sich durchzusetzen. Dank Sein unerschütterlicher Optimismus und seine Fähigket, das Leben nicht allzu ernst zu nehmen, spiegeln sich diese Eigenschaften in meinem eigenen Lebensweg wider. Es ist genau diese Mischung aus Witz und Kreativität gepaart mit Lebensfreude das mich jung aussehen lässt . Es ist der Pulcinella in mir das mich stets mit einem Lächeln nach vorne schauen lässt:-) Denn wer lächelt, wirkt jung.
Kapitel 5
Absatz 1
Fortsetzung folgt!